Vier Monde, die die Welt veränderten
Literatur, Astronomie und Wissenschaftsgeschichte in der Schulsternwarte des Schloß-Gymnasiums
„Und sie bewegt sich doch“ soll Galileo Galilei der Legende nach ausgerufen haben. Gemeint war damit die Erde, die nach damals gängiger Lehrmeinung selbst bewegungslos nicht nur vom Mond, sondern auch von der Sonne und den Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn umkreist wurde.
Um nachzuvollziehen, durch welche Beobachtung Galilei wesentlich dazu veranlasst wurde, das tradierte geozentrische Weltbild aufzugeben und stattdessen ein Befürworter des für uns heute selbstverständlichen heliozentrischen Weltbildes zu werden, lohnt ein Blick auf den aktuellen Sternenhimmel, genauer auf den Jupiter.
So wie Galilei 1610 mit dem von ihm optimierten Fernrohr den Jupiter ins Visier nahm, so wurden nun am 22.10.22 die Teleskope der Schulsternwarte des Schloß-Gymnasiums auf diesen Planeten gerichtet. Schülerinnen und Schüler der Astro-AG und eines EF-Deutschkurses, der sich gerade mit Bertolt Brechts Stück „Leben des Galilei“ auseinandersetzt, kamen dazu in der Schulsternwarte zusammen. Claudia Scheffler sorgte als AG-Leiterin zusammen mit der Astrophysikerin Dr. Lisa Zimmermann für die fachliche und technische Expertise.
In allerdings signifikant besserer Vergrößerung und Schärfe, als es für Galilei der Fall war, konnte so in beindruckender Weise der Jupiter mit seinem zwei Wolkenbändern und seinen vier größten Monden Kallisto, Io, Europa und Ganymed beobachtet werden.
Dass der Jupiter von Monden umkreist wird, war eine von Galileis bahnbrechenden Entdeckungen. Tatsächlich hatte er die Begleiter des Jupiters zunächst als Fixsterne klassifiziert und erst bei wiederholter Beobachtung aufgrund ihrer Bewegung entdeckt, dass es sich um Monde des Jupiters handeln muss: Eine Entdeckung, die mit dem geozentrischen Weltbild nicht vereinbar war.
Warum galt Galileis nicht einmal neue Ansicht – besonders durch Kopernikus’ 1453 posthum veröffentlichtes Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ war sie jedenfalls als Hypothese bekannt – , dennoch als so unzulässig, dass sich seine Wissenschaftskollegen schlicht weigerten, sich mit seinen Beobachtungen genauer zu befassen? Warum war Galileis Position so brisant, dass er dafür schließlich angeklagt wurde und einem Todesurteil durch die Inquisition nur entgehen konnte, indem er öffentlich seine Ansicht widerrief? Warum hat es für einen allgemein anerkannten Beweis des heliozentrischen Weltbildes dennoch noch einmal bis zum Jahr 1851 gedauert?
Lauter spannendende astronomische, wissenschaftsgeschichtliche und gesellschaftshistorische Fragen, die sich am Schloß-Gymnasium zum Glück mit der Schulsternwarte und dem Foucaultschen Pendel im Foyer nicht nur durch Literatur klären, sondern sehr konkret und anschaulich erleben und verstehen lassen.