Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten
Ich bin so schnell, als ich letzte Nacht das Licht in meinem Zimmer ausgemacht habe, war ich im Bett, ehe es dunkel war. (Muhammad Ali)
Muhammed Ali, einer der größten Sportler der Geschichte und bis heute DIE Lichtgestalt in der Welt des Boxsports. Auch wenn seine Einschätzung zur Geschwindigkeit des Lichts sicherlich so nicht unbedingt lehrbuchreif ist, so lässt sich dennoch einiges von ihm über das Leben lernen. Es geht um Mut, Furcht, Tränen und Schweiß. Und ebenso um Hoffnung, Glück, Euphorie und unendliche Freude. Mit eurem Motto „Muhammad ABI – 12 Jahre durchgeboxt“, nehmt ihr zu diesem Idol der Sportgeschichte feierlich Bezug. Was lässt sich lernen aus dem Leben einer Legende für euer eigenes Leben, welches sich nun in ganz individueller Vielfalt für jeden von euch entfalten wird?
Die Weltgemeinschaft und ebenso unsere Gesellschaft stehen vor großen Herausforderungen. Unser Leben wird sich sehr rasant, sehr deutlich ändern. Jeden Tag hören wir über die Medien neue Hiobsbotschaften über das Klima, die Zerstörung unseres Planeten und Kriege zwischen Völkern. Positive Nachrichten sind selten geworden. Bayern ist schon wieder Meister…
Zu diesen Schreckensmeldungen gesellen sich dann noch zusätzlich die Anforderungen an eine schnelllebige, moderne und digitale Welt. Wie wird künstliche Intelligenz unsere Arbeit verändern? Woher kommt unsere Energie von morgen? Und können wir unseren Frieden und Wohlstand dauerhaft sichern? Fragen über Fragen, verbunden mit Unsicherheiten und einer z.T. großen Überforderung.
In diese Welt hinein entlassen wir euch nun und wünschen euch gerne alles Gute, viel Glück und Erfolg …
So einfach möchten wir es uns als Lehrer natürlich nicht machen. Gerne möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um euch ein paar Gedanken mit auf den Weg zu geben. Da ihr ja geneigt seid, mir zuzuhören, wahrscheinlich mehr als sonst, bleiben sie hoffentlich in eurem Herzen und sind euch eine Stütze, wenn es nötig ist.
Fakt ist: Es gibt in diesem Land keine höhergestellte Institution, die die jungen Leute fit für die Zukunft macht, die all diese Herausforderungen annehmen und nach Lösungen suchen sollen. Ihr seid es. Absolventen eines Gymnasiums. Ihr seid die Problemlöser von morgen. Wer sollte sonst kommen? Wer soll die Lösungen finden? Unser hochgeschätzter Herr Buchloh? Bei allem Respekt: Der Mann darf sich doch jetzt, nach 50 Jahren auch mal etwas entspannen…
Nein, Nein: Ihr werdet es richten, ihr werdet es richten müssen und ihr werdet es auch schaffen.
Vielleicht werden euch dabei folgende 5 Punkte ein wenig helfen:
1) Für Muhammad Ali steht der große Boxkampf an. Es geht um den Weltmeistertitel. Der Termin ist noch in weiter Ferne. Doch schon jetzt beginnt die Vorbereitung. Das große Ziel fest im Blick. Aber immer das Bewusstsein, dass an einem langen und intensiven Training kein Weg vorbeiführt. Bei euch ist es ganz ähnlich, auch wenn eure Ziele natürlich ganz individuell verschieden sind. Beachtet immer das mühsame Training, die kleinen Tippelschritte, die euch gemächlich eurem ganz persönlichen Ziel näherbringen werden. Euch werden Leute begegnen, die gerne viel Reden, aber wenig in die Tat umsetzen. Dabei gilt es auch irgendwann den 1. Schritt zu tun. Einfach anzufangen und nicht in einem Wunschdenken, einer Fantasterei zu verhaften. Den einen großen Schritt, der euch von jetzt auf gleich euren Traumberuf ermöglicht und euch zu Zufriedenheit und Wohlstand führt, den wird es nur sehr selten geben. Der Weg der Beharrlichkeit und Geduld wird euch zum Ziel führen. Für euren Alltag ganz pragmatisch: Möchtest du die Welt verändern? Dann steh auf und mach dein Bett. Schon ist der erste kleine Tippelschritt getan und eh ihr euch verseht, werden diesem einen, bis zum Abend, noch viele weitere folgen. Und wenn ihr dann, am Abend, nach den Mühen des Tages in euer Bett fallt, dann ist es ja schon gemacht, warm und kuschelig!
2) Mach das Training Spaß? All der Schweiß? All die Prügel? Was hätte wohl Muhammed Ali auf diese Frage geantwortet? Sich zu spüren, seinen Körper und Geist zu stählen, täglich fitter zu werden. Das klingt doch gut. Für Ali war dies sicherlich ein großer Ansporn. Und so ist es auch mit eurem Ziel. Der Weg dahin wird euch auch viel Erfüllung bieten und nicht nur schlussendlich das Erreichen des Ziels selbst. Wichtig ist, dass ihr empfänglich seid für alles, was euch auf eurer Reise begegnet. Seien es Möglichkeiten, Menschen oder Erlebnisse. Verschließt nicht die Augen, sondern genießt die Zeit, auch wenn sie mühevoll ist, in vollen Zügen.
Muhammed Ali sagt dazu sinngemäß:
„Ein Mensch, der mit Scheuklappen durch die Welt geht, hat Jahre seines Lebens verschwendet.“
3) Allein kann sich kein Boxer, kein Forscher und kein Student auf seine Aufgaben vorbereiten. Freunde helfen sehr. Manche sind einem ein Trainer und Ratgeber, andere dienen als Sparringspartner. Wertvoll sind sie alle. Geht euren Weg nicht allein. Seid offen für Gefährten, vielleicht werden daraus gute Freunde. Zusammen lassen sich Herausforderungen besser meistern. Helft einander und stützt euch. So könnt ihr dann zusammen schwitzen, büffeln, zittern, lachen und natürlich auch gemeinsam feiern. Bei Muhammed Ali klang das so: „Ich bin der König der Welt! Ich habe die Welt erschüttert!“
4) In eurem Leben werden euch viele Menschen begegnen, die anders sind als ihr. Also wirklich, ganz anders! Manche sind schlauer als ihr, manche sind dümmer. Manche sind ärmer, manche sind reicher. Viele sind älter, einige sind jünger. Viele glauben anders, fühlen anders, reden anders. Und alle sehen anders aus. Hütet euch vor dem Gift des Vorurteils und vor der Falle der Geringschätzung. Seid immer wertschätzend gegenüber euren Mitmenschen, seid immer respektvoll, niemals gewaltsam. Das negiert nicht euer individuelles Recht, sich selbst Gehör zu verschaffen, für seine Überzeugungen zu kämpfen und selbstbewusst seine Persönlichkeit und Werte zu verteidigen.
Ist uns Muhammed Ali in diesem Punkt ein Vorbild. Hmmmm, schwierig. Ich glaube eher weniger. Seinen Gegnern gegenüber war er selten respektvoll, auch wenn er es gekonnt humoristisch verpackte.
„Ich werde ihn so übel vermöbeln, dass er einen Schuhanzieher braucht, um seine Mütze aufzusetzen.“
Habt keine Angst vor den Tippelschritten!
Genießt den Weg zum Ziel!
Sucht euch einen Gefährten!
Respektiert jeden!
was bleibt….
5) Die Reise war sehr anstrengend, schweißtreibend, aber wunderbar. Ihr seid reich an Erlebnissen und Erfahrungen. Ihr habt vielleicht euren Lieblingsmenschen gefunden. Ihr habt so viel erlebt. Das Leben fühlt sich ganz leicht an. Und auf einmal sind es nur noch wenige kleine Schritte bis zu einem bedeutsamen Ziel. Was auch immer das sein mag. Alles zählt nun noch einmal. Müht euch, strengt euch an, gebt noch einmal alles und wenn ihr das dann wirklich wollt, dann ruft euch Ali zu:
„Schwebe wie ein Schmetterling aber stich wie eine Biene!“
Herzlichen Glückwunsch zum Abitur und alles Gute für die Zukunft.