Nachdem wir uns auch im Unterricht mit Franz Kafkas Roman “Der Prozess” und manchen kurzen Erzählungen des Autors beschäftigt hatten, wollten wir ja dann zur Krönung des Ganzen unsere Kursfahrt auf Kafkas Spuren in Prag verbringen.
Es fing auch organisiert und hoffnungsvoll an, doch mit der Zeit kam es vermehrt zu Schwierigkeiten. Bereits vor den Sommerferien 2021 schrumpfte unser Kurs um ein Drittel (von 18 auf 12 SuS) und Herr Konrad musste Reservierungen stornieren, alle mussten “draufzahlen” und es kam langsam “Orgastress” bei den Lehrern auf. Nach ständigem bürokratischen Hin und Her stand fest, dass in Prag Quarantäne-Pflicht für alle Ungeimpften gegolten hätte. Die Möglichkeit, spontan in die Bundeshauptstadt Berlin fahren zu können, war ein neuer Hoffnungsschimmer. Und dann… die Katastrophe schlechthin: durch den Unfall von Frau Baumann stand wieder alles auf der Kippe – ohne doppelte Leitung, ohne Hotel, ohne Plan so standen wir vier Tage vor der Abreise da – also, wenn das kein kafkaesker Einstieg war.
Erfreulicherweise konnte Frau Pawlinski für Frau Baumann einspringen und hat sich bereit erklärt, mit uns zu fahren, sodass wir am Sonntag dann voller Vorfreude auf ein paar Tage ohne den Schulalltag im Gepäck im Zug Richtung Berlin saßen.
Nach ca. 5 Stunden Fahrt haben wir nur kurz unser Gepäck im Hostel abgestellt und uns dann auf den Weg gemacht Berlin zu erkunden. Spontan haben wir noch Plätze auf einem Boot ergattert. Dadurch konnten wir 90 Minuten von der Spree aus auf Berlin schauen. Im Anschluss sind wir gemeinsam bei Peter Pane essen gegangen, um den ersten Tag ausklingen zu lassen.
Die nächsten Tage waren geteilt in Programm vormittags und freiwilliges Programm oder Freizeit nachmittags. Die Abende verbrachten wir meist zusammen, entweder in einem Restaurant oder in der Lobby unseres Hotels, wo wir die Abende unter anderem mit Kartenspielen ausklingen ließen. Hin und wieder wurden wir dort von einigen Leuten aus dem Geschichts-LK, der ebenfalls in Berlin war, besucht. Herr Konrads Devise lautete, dass man alles in Berlin zu Fuß erreichen kann und zudem länger lebt, wenn man schneller läuft, sodass wir nahezu die ganze Zeit in Bewegung waren. Während der gesamten Woche wurden unsere langen Spaziergänge oft nur durch Bücherladen-Besuche von Herrn Konrad, welcher in dieser Woche ca. 30 Bücher gekauft hat, unterbrochen.
Der Montag stand unter dem Motto “Bratwurst-Tourismus” (Herr Konrad), was die typischen Sehenswürdigkeiten wie Reichstag oder Brandenburger Tor beinhaltet. Außerdem haben wir das “Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas” angeschaut und das Humboldt-Forum besucht.
Am nächsten Tag beschäftigten wir uns mit der DDR-Zeit in Berlin. Zunächst waren wir dafür im DDR-Museum, welches sehr interaktiv war. Im Anschluss sind wir in eine panorama-Ausstellung gegangen. Dabei wurde eine große, hohe Halle vollständig von einer Leinwand umgeben. Diese zeigte einen Abschnitt von der Berliner Mauer, inklusive Todesstreifen und angrenzender Wohnblöcke. Durch Sound-Effekte und 3D-Darstellungen konnte man die unterschiedlichen Emotionen auf beiden Seiten der Mauer relativ gut nachempfinden.
Das jüdische Berlin war Thema des Mittwochs. Den Start bildete ein Besuch in der 100 Jahre alten Synagoge, welche gleichzeitig ein Museum beinhaltete. Auch das jüdische Viertel drumherum haben wir uns angeschaut. Später sind auf dem Weg ins Jüdische Museum am Mahnmal für den Holocaust vorbeigegangen. Die Atmosphäre, die zwischen den einzelnen Säulen herrschte, war extrem ergreifend.
Im Museum angekommen konnte man viel über individuelle Schicksale während des Holocausts erfahren. Besonders im Gedächtnis geblieben ist uns ein Raum, in dem der ganze Boden mit 10.000 Gesichtern mit aufgerissenen Mündern aus Metall bedeckt war, über die man drüber laufen konnte, mit dem Titel “Schalechet – Gefallenes Laub”. Zum Abschluss des Tages sind wir auf den Kreuzberg gewandert und haben von dort den Sonnenuntergang beobachtet.
Am Donnerstag sind wir zunächst auf die Siegessäule mit ihren knapp 300 Stufen gestiegen, von wo aus man einen tollen Blick über die Stadt hatte. An einer Metallspitze haben wir uns namentlich verewigt. Auf dem Weg zum Schloss Charlottenburg sind wir auch noch am Schloss Bellevue vorbeikommen. In Charlottenburg angekommen, wurden wir von einem Audio-Guide durch den alten Trakt des Schlosses geführt. Durch die langen Strecken kamen wir an diesem Tag auf eine Schrittzahl von 41.000 Schritten. Als Finale der Woche waren wir abends zusammen im „Que Pasa“ essen und haben auf Frau Baumann angestoßen.
Am nächsten Tag ging es dann gegen 11 Uhr mit dem ICE zurück nach Düsseldorf. Aufgrund eines Personenunfalls und diverser Umfahrungen kamen wir dort dann schließlich gegen 18 Uhr an.
Natürlich war es trotzdem schade, dass Frau Baumann nicht dabei sein konnte, doch dank des spontanen Einsatzes von Frau Pawlinskis und der Planung von Herrn Konrad war die Kursfahrt dennoch eine tolle Erfahrung. Es war eine erlebnisreiche Woche für uns als Kurs, jeder konnte viele Erinnerungen sammeln, die ihm noch lange im Kopf bleiben werden.
(geschrieben von S.W. und J.P.)