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Projektkurse

Rahmenbedingungen  

Die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit erforderte eine Neuregelung des Wochenstundenrahmens für die Sekundarstufe I und die gymnasiale Oberstufe. Auf die Oberstufe bezogen entspricht dies einer Erhöhung der Wochenstundenzahl auf durchschnittlich 34 Stunden je Jahrgang.  Diese zusätzlichen Stunden eröffnen Chancen, das Fächer- und Kursspektrum der bewährten Grund- und Leistungskurse zu erweitern und für die Einrichtung anderer, zusätzlicher Unterrichtskonzepte zu nutzen. Vor diesem Hintergrund sind die Vertiefungsfächer und Projektkurse als neue Bausteine der gymnasialen Oberstufe entwickelt worden. 
Anders als der Vertiefungsunterricht sind Projektkurse der Qualifikationsphase vorbehalten. Sie ermöglichen vertieftes wissenschaftspropädeutisches Arbeiten an thematischen Schwerpunkten und setzen von daher in der Einführungsphase erworbene Grundlagenkenntnisse sowie einen vorausgehenden oder begleitenden Fachunterricht in der Qualifikationsphase voraus. Ohne Bindung an inhaltliche Vorgaben der Lehrpläne und durch Fokussierung auf einen thematischen Schwerpunkt geben sie Raum für selbstständige Recherche und Planung, eigenverantwortliche Arbeit im Team und adressatenbezogene Dokumentation der Arbeitsergebnisse, die zur Auseinandersetzung mit der Thematik einlädt.

Die folgenden Projektkurse werden am Schloß in Q2 in zwei aufeinander folgenden Halbjahren als zweistündige Kurse angeboten.

  • Projektkurs Astronomie
  • Projektkurs Jura
  • Projektkurs Psychologie
  • Projektkurs BioChemie
  • Projektkurs Geschichte

Fachlich sind die Projektkurse an ein oder maximal zwei Referenzfächer (Leistungskurse oder Grundkurse) angebunden. Um sicherzustellen, dass die erforderlichen fachlichen Kompetenzen zur Verfügung stehen, muss das Referenzfach in der Qualifikationsphase (vorausgehend oder begleitend) belegt werden. Am Schloß sind die Referenzfächer überwiegend belegungspflichtige Kurse wie Deutsch und Mathematik. Nur für den Projektkurs BioChemie wird die Teilnehme an Chemie oder Biologie vorausgesetzt.

Der Projektkurs ist so angelegt, dass sich die Teilnehmer – bezogen auf das Rahmenthema des Projektkurses – einzeln oder im Team individuellen Vorhaben widmen, die im Kurs abgestimmt, dann aber weitgehend selbstständig geplant und bearbeitet werden. Diese Konzeption unterscheidet den Projektkurs vom herkömmlichen Unterricht, in dem Inhalte und Gegenstände sequenziell wechseln, und eröffnet durch den geforderten „langen Atem“ die Möglichkeit zu intensiver wissenschaftspropädeutischer Auseinandersetzung mit einem Thema.

Der Projektkurs führt immer zu einem Produkt, das, bei aller Vielfalt der Einzelproduktionen, den thematischen Zusammenhang der Einzelbeiträge augenfällig macht. Da die Präsentation und schriftliche Dokumentation den Projektkurs abschließen, muss von der herkömmlichen Vergabe von Halbjahresnoten abgewichen werden. Stattdessen wird am Ende des Projektkurses eine Jahresnote erteilt. Da das Produkt das Ergebnis einer zwei Halbjahre umfassenden Arbeit ist, fließt die hierfür erteilte Note zur Hälfte in die Jahresnote ein. Die andere Hälfte ergibt sich aus den prozessbegleitenden Schülerleistungen. Für Schülerinnen und Schüler, die einen Projektkurs belegen, entfällt die Verpflichtung zur Anfertigung einer Facharbeit.

In der Anrechnung kann das Leistungsergebnis des Projektkurses in doppelter Wertung wie zwei Grundkursergebnisse in die Gesamtqualifikation eingehen. Alternativ kann auch die Einbringung als besondere Lernleistung in den Abiturbereich (Block II) erfolgen. Allerdings muss hier seitens der Schule sichergestellt werden, dass das Produkt den Exzellenzanspruch einer besonderen Lernleistung auch erfüllt. Wie es bei besonderen Lernleistungen vorgeschrieben ist, findet in diesem Fall im Kontext der Abiturprüfung zusätzlich ein Kolloquium statt. Das Ergebnis dieser besonderen Lernleistung wird wie ein fünftes Abiturfach gewertet.

 

Zielperspektiven  

Mit der neu geschaffenen Möglichkeit des Angebots und der Einbringung von Projektkursen in die Gesamtqualifikation wird das Ziel verfolgt, Schülerinnen und Schülern verstärkt die Möglichkeit zu selbstständigem und kooperativem, projekt- und anwendungsorientiertem sowie ggf. fächerverbindendem und facherübergreifendem Arbeiten zu ermöglichen. Fachlich angebunden an Referenzfächer können Schülerinnen und Schüler mit den neuen Projektkursen das eigene fachliche Profil schärfen, da in den einzelnen Projekten verstärkt wissenschaftspropädeutisches, praktisch-gestalterisches, experimentelles oder auch bilinguales Arbeiten ermöglicht wird, ohne dabei direkt curricularen bzw. abschlussbezogenen Zwängen unterworfen zu sein.

 

Projektkurse fördern

  • selbstständiges und kooperatives Arbeiten
  • projekt- und anwendungsbezogene Qualifikationen
  • fächerverbindende oder fächerübergreifende Perspektiven
  • Wissenschaftspropädeutik und Praxisorientierung
  • praktisch-gestalterische Leistungen
  • experimentelles Arbeiten
  • adressatenbezogene Kommunikation sowie Produkt- und Ergebnisorientierung

Neben der Erweiterung unmittelbar fachbezogener Kompetenzen tragen die konsequente Produkt- und Ergebnisorientierung, das selbstständige und eigenverantwortliche Arbeiten in Einzel- und Gruppenzusammenhängen sowie die Verpflichtung zur Präsentation dazu bei, dass neben der Kommunikations- und der Darstellungsfähigkeit verstärkt auch soziale und personale Kompetenzen entwickelt werden, die als Schlüsselqualifikationen für den weiteren persönlichen Werdegang bedeutsam sind.

 

Projektkurse unterstützen die Entwicklung von

  • Fachkompetenz
  • Methodenkompetenz (z. B. Planung, Recherche, Strukturierung, Darstellung u. a.)
  • Selbstkompetenz sowie Kooperationskompetenz

Vor dem Hintergrund der o. g. Zielperspektiven werden in den Projektkursen unter einem übergreifenden Projektthema von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vergleichsweise frei Teilprojekte gebildet, in denen auch mit Blick auf ein angestrebtes Fachstudium oder eine berufliche Perspektive Schwerpunkte gesetzt werden können. Während fachübergreifendes Arbeiten, also die punktuelle Ausweitung der Perspektive über die fachlichen Grenzen hinaus, an ein Referenzfach gebunden bleibt, bezieht sich fächerverbindendes Arbeiten auf zwei Referenzfächer und setzt entsprechend auch die Qualifikation der Lehrkräfte in beiden Fächern voraus. Als Zulassungsvoraussetzung für die Schülerinnen und Schüler reicht die Teilnahme an einem der Referenzfächer.

Die Kooperation mit außerschulischen Partnern (z.B. Betriebe, Hochschulen, private und öffentliche Einrichtungen), die Einbindung von Wettbewerben (z.B. Wirtschaft in die Schule“, „Junior“, „Jugend forscht“, etc), die Nutzung von Praktikumserfahrungen, aber auch die Beteiligung an europäisch-internationalen Projekten (z.B. im Rahmen von CertiLingua) können dabei die sonst vielfach eher schulbezogen ausgerichtete Perspektive der Schülerinnen und Schüler erweitern, sodass ein wichtiger Beitrag zur Erlangung der „Hochschul-Reife“ in einem umfassenderen Sinne geleistet werden kann. Die spezifische Möglichkeit, mit Hilfe der Projektkurse eine „besonderen Lernleistung“ zu erbringen, erweitert zudem das Spektrum abiturrelevanter Fächer für entsprechend interessierte Schülerinnen und Schüler, da die besondere Lernleistung wie ein fünftes Fach dem Abiturblock zugeordnet wird.

Die neuen Projektkurse eröffnen jedoch nicht nur Schülerinnen und Schülern neue Chancen und Möglichkeiten, auch die Schulen können von der neuen Kursart profitieren. Je nach Schwerpunktsetzung im Schulprogramm, eingegangenen Kooperationen mit externen Partnern sowie hausintern vorhandenen Qualifikationen der Lehrkräfte kann die inhaltliche Ausrichtung der angebotenen Projektkurse mit dazu beitragen, eine Schule zu profilieren. Neben der vielfach sicherlich auch für Lehrkräfte attraktiven und dadurch in besonderem Maße motivierenden Auseinandersetzung mit besonderen Interessenschwerpunkten kann es mit dem Angebot von Projektkursen gelingen, ‚blinde Flecken’ der curricularen Vorgaben oder auch Lücken im schulischen Kursangebot adäquat zu füllen. Projektkurse leisten somit einen wertvollen Beitrag

  • zum fachlichen Profil der Schülerinnen und Schüler
  • zur Erweiterung der fachbezogenen und fachübergreifenden Gestaltungsmöglichkeiten der Lehrkräfte
  • sowie zur programmatisch-inhaltlichen Ausrichtung der Schule

 

Leistungsanforderungen, -nachweise und  -bewertung

Durch seine thematische Fokussierung ermöglicht und fordert der Projektkurs in besonderer Weise die vertiefte und differenzierte Auseinandersetzung mit einem komplexen Gegenstandsbereich. Bei der Leistungsbewertung bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass Projektkurse nur mit der Gewichtung von Grundkursen in die Gesamtqualifikation eingebracht werden können. Als besondere Lernleistung müssen die Ergebnisse allerdings deutlich erhöhten Anforderungen genügen.  Die Leistungsnachweise, die von den Schülerinnen und Schülern im Projektkurs zu erbringen sind, beziehen sich auf einen prozessbezogenen und einen ergebnisbezogenen Teil. Während im prozessbezogenen Teil kontinuierlich über die beiden Kurshalbjahre hinweg Teilleistungen wie Unterrichtsbeiträge, Planungs- und Organisationsleistungen zu erbringen sind, umfasst der ergebnisbezogene Teil die abschließende Dokumentation – in der Regel eine Präsentation, ergänzt durch eine schriftliche Erläuterung, möglicherweise auch eine Kursarbeit – die erst am Ende des einjährigen Projekts vorliegt.

 

Leistungsnachweise für Projektkurs nach Variante A

 

Leistungsnachweise für Projektkurs nach Variante B

 

In Variante B erfolgt keine gesonderte Bewertung der Prozessergebnisse. Die Gesamtnote wird – ohne Gewichtung der Teilleistungen – aus den Ergebnissen der Dokumentation sowie des Kolloquiums gebildet. Ggf. können ergänzende Bedingungen an das Produkt / die Dokumentation gestellt werden, um eine angemessene Anforderungsebene zu erreichen.

Aufgrund der Vielfalt der möglichen Projektanbindungen (z.B. an unterschiedliche Referenzfächer), der verschiedenen Projektausrichtungen (z.B. verstärkte Praxisorientierung vs. dominierende Theorieorientierung) sowie der unterschiedlichen Varianten der Projekteinbringung in die Gesamtqualifikation (z.B. Variante A vs. Variante B) müssen Hinweise zu konkreten Bewertungsverfahren, Messinstrumenten und Beurteilungskriterien vor allem dem Teil B dieser Handreichung vorbehalten bleiben, in dem erprobte Praxisbeispiele dargestellt werden.

Übergreifend kann gleichwohl festgehalten werden, dass die Leistungsbewertung in den Projektkursen grundsätzlich auf die Überprüfung von Kompetenzen ausgerichtet ist. Die oben bereits eingeführten Kompetenzen lassen sich unterscheiden in die eher überfachlichen Kompetenzdimensionen Selbst- und Sozialkompetenz sowie die überwiegend fachbezogenen Dimensionen Fach- und Methodenkompetenz, die in Teil B exemplarisch konkretisiert und auf Einzelfachebene in weitere Kompetenzbereiche auszudifferenziert zu werden. 

Unabhängig von kursspezifisch vorzunehmenden Gewichtungen sowie weiteren im Einzelfall sinnvollen Differenzierungen und Ergänzungen sind die Selbstständigkeit des Arbeitens, die Kooperationsfähigkeit bei der Zusammenarbeit mit inner- und ggf. außerschulischen Partnern, die Quantität sowie die Qualität der erworbenen Fach- und Methodenkompetenzen zentrale Kriterien für die Leistungsmessung in allen Projektkursen. Um dieses weite Spektrum unterschiedlichster Formen der Leistungserbringung angemessen erfassen zu können, können neben die eher dem traditionellen Oberstufenunterricht zuzuordnenden Überprüfungsinstrumente weitere Indikatoren für die Leistungsbeurteilung hinzutreten, z. B.:

 

Mögliche Indikatoren für die Leistungsbeurteilung

  • kreative, weiterführende Impulse
  • sachgerechte Recherche
  • Planungs- und Materialmappe
  • Selbstständige Themenfindung
  • Steuerung des Planungsprozesses
  • Kooperative Steuerung der Gruppenprozesse

Solche Indikatoren müssen den Schülerinnen und Schülern transparent gemacht werden und sollten grundsätzlich auch Gegenstand der Beratung in den Fachkonferenzen sein. Sie sind in ihrer Beurteilungsrelevanz zu unterscheiden von Instrumenten der Selbstvergewisserung der Schülerinnen und Schüler über erreichte Arbeitsstände oder erworbene Kompetenzen.

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